Zukunft der Standortförderung im Kanton Zürich
Seit Januar 2024 leitet Samuel Mösle gemeinsam mit Markus Müller die Standortförderung des Kantons Zürich. Im Interview spricht er über Standortentwicklung, Innovationsförderung und die Herausforderungen des teuren Wohnraums. Zudem erklärt er, wie Digitalisierung und KI den Wirtschaftsstandort Zürich stärken sollen.
Sie leiten seit über 15 Monaten zusammen mit Markus Müller in Co-Leitung die Standortförderung des Kantons Zürich.
Welche Erkenntnisse haben Sie gewonnen?
Der Standort Zürich sticht durch seine wirtschaftliche Grösse innerhalb der Schweiz heraus. Dies verlangt auch, dass wir uns nicht nur in kantonalen Themen stark engagieren, sondern auch auf der nationalen und teilweise auch internationalen Bühne bewegen. So machen wir uns für den KI-Standort Schweiz stark oder lassen internationale Partner an unseren Erkenntnissen zu KI-Anwendungen in der Wirtschaft teilhaben.
Zugleich finde ich die enge Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung sowie Politik zielführend, wenn es um die Schaffung von nachhaltig attraktiven Rahmenbedingungen geht.
Könnten Sie uns einen kurzen Überblick über die aktuellen Schwerpunkte der Standortförderung im Kanton Zürich geben?
Zentrale Schwerpunkte sind:
Wie eben angesprochen, die Entwicklung von attraktiven, langfristigen Standortfaktoren. Durch den engen Dialog mit Wirtschaft und Wissenschaft erkennen wir Trends frühzeitig und setzen gezielt Impulse für die Standortentwicklung.
Die Förderung der Innovation und Stärkung unserer Schlüsselbranchen Finance, ICT, Life Science, Food, Clean- und Hightech.
Die Erhaltung und Stärkung der Vielfalt der Branchenstruktur. In diesem Zusammenhang begleiten wir auch Unternehmen, die sich hier ansiedeln wollen – von der Standortsuche bis zu Bewilligungen.
Auf diesen drei Pfeilern basieren unsere Projekte, Programme oder Initiativen.
Welche langfristigen Visionen verfolgt die kantonale Standortförderung in Bezug auf die Standortentwicklung?
Die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts hängt von einer Vielzahl an diversen Standortfaktoren ab. Diese reichen von zielgruppenfreundlichen Regulierungen und digitalen Behördenleistungen über eine starke Innovationskraft bis hin zur zukunftsfähigen Gestaltung der Wirtschaftsflächen.Wir verfolgen das Ziel, ein für Unternehmen und die Bevölkerung attraktiver, führender und zukunftsgerichteter Innovations- und Wirtschaftsstandort mit internationaler Strahlkraft zu sein.
Zürich gehört zu den teuersten Wohnorten weltweit. Die hohen Immobilienpreise und Mieten werden auch für Unternehmen immer mehr zu einer Belastung. Was kann die Standortförderung dagegen tun?
Wir setzen uns auf verschiedenen Ebenen nicht nur für die Attraktivität und Prosperität des Wirtschaftsraumes, sondern auch für eine hochwertige und ausgezeichnete Lebensqualität ein. Diesbezüglich spielt die Verfügbarkeit von Wohnraum auch dazu. Eine konkrete Anwendung findet sich so z.B. in unserer Innovation Sandbox für Künstliche Intelligenz. In der aktuellen Phase begleiten wir den Einsatz von KI bei Baugesuchen. Durch die gewonnenen Ergebnisse hoffen wir, Ansätze zur Verringerung des Baustaus und zur Verschlankung der Baubewilligungsprozesse zu finden.
Auf Amtsebene angesiedelt ist zudem die Wohnbauförderung. Sie fördert die Bereitstellung von preisgünstigen Mietwohnungen mit attraktiven Darlehen.
Die Alterung der Bevölkerung beeinflusst die Immobilienbranche und den Arbeitsmarkt. Welchen Stellenwert hat diese Tatsache für den Kanton Zürich und wie können Sie darauf reagieren?
Das Thema der demografischen Verschiebungen und der sich öffnenden Arbeitsmarktschere beschäftigt uns schon länger auf verschiedenen Ebenen. In den nächsten Jahren werden viele erfahrene Arbeitskräfte pensioniert – das verstärkt den Wettbewerb um Talente.
Einerseits erarbeiten wir verschiedene Projekte im Bereich der Fachkräftegewinnung und -haltung sowie Arbeitsmarktpartizipation. Zugleich sind wir aktuell daran, neue übergreifende Ansätze zum Thema Demografie zu entwickeln, die längerfristig wirken sollen. Denn eines ist klar, dass die Bewältigung der Herausforderung «Demografie» systemisch gedacht werden muss und somit viele involvierte Parteien und Stakeholder mit an den Tisch gebracht werden müssen.
Wie sehen Sie die Rolle des Kantons im Wirtschaftsraum Greater Zurich Area?
Die Greater Zurich Area ist einer der innovativsten Wirtschaftsstandorten Europas – und der Kanton Zürich spielt dabei eine zentrale Rolle. Als führender Innovationsstandort schaffen wir die Rahmenbedingungen, die Unternehmen benötigen, um sich erfolgreich zu entwickeln. So profitieren schlussendlich auch die weiteren Kantone innerhalb des Wirtschaftsstandorts Greater Zurich Area von unserer starken Position.
Als Wirtschaftsmotor der Schweiz ist der Kanton Zürich auch der grösste Mittelgeber des Wirtschaftsstandorts Greater Zurich Area. Zugleich ist unsere Direktionsvorsteherin, Regierungsrätin Walker Späh, Stiftungsratspräsidentin des Wirtschaftsstandorts Greater Zurich Area. Der Kanton Zürich ist zudem mit den beiden Städten Winterthur und Zürich zusätzlich in dem Wirtschaftsraum Greater Zurich Area aktiv vertreten. So können wir unsere Interessen optimal einbringen und die Aktivitäten des Wirtschaftsstandorts Greater Zurich Area mit den unsrigen abstimmen.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit anderen Kantonen innerhalb des Wirtschaftsstandorts Greater Zurich Area?
Welche gemeinsamen Projekte sind aktuell?
Die Zusammenarbeit innerhalb der Organisation des Wirtschaftsstandorts Greater Zurich Area fokussiert primär auf Fragen der Ansiedlung. In diversen weiteren Konstellationen und Gremien arbeiten wir sehr eng mit anderen Kantonen zusammen. So z.B. im Metropolitanraum Zürich aber auch auf kleinerer räumlicher Ebene wie im Limmattal. Wobei nicht immer alle Kantone auch Mitglieder des Wirtschaftsstandorts Greater Zurich Area sind.
Aktuelle Projekte in der Zusammenarbeit sind beispielsweise die 2. Phase der Innovation Sandbox für Künstliche Intelligenz, in der auch das angesprochene Baubewilligungsprojekt untergeordnet ist, oder auch die Neupositionierung der regionalen Standortförderung Limmatstadt, bei der wir über die Kantonsgrenze in funktionalen Räumen denken und Lösungen suchen.
Zur Person
Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Universität Zürich arbeitete Samuel Mösle bei einem führenden unabhängigen Schweizer Wirtschaftsforschungs- und Beratungsinstitut. Ab 2016 verantwortet er im Kanton St. Gallen diverse Projekte entlang der gesamten Themenbreite der Standortförderung – von Ansiedlungen bis zur Standortentwicklung – und führte das Team Entwicklung. Seit 2024 leitet er in Co-Leitung mit Markus Müller die Standortförderung des Kantons Zürich – mit Fokus Standortentwicklung.