Wohnquartiere beleben, wenn kommerzielle Nutzungen wenig Potenzial haben
Begegnungsfördernde Gebäudetypologien als Antwort für die Entwicklung und den Betrieb grosser Areale in Thun.
In den letzten Jahren hat sich bei Arealentwicklungen in Wohnquartieren immer wieder gezeigt, dass Potenziale für kommerzielle Nutzungen, die zur Belebung der Quartiere beitragen sollen, beschränkt sind. Städte wie Thun, die in den nächsten Jahren grosse Areale wie das Bostudenzelg, die Hoffmatte oder das Siegenthalergut entwickeln, sollten deshalb Alternativen prüfen.
Eine Option sind begegnungsfördernde Siedlungstypologien: Erschliessungsräume mit Aufenthaltsqualitäten, z.B. Laubengänge oder möblierte Atrien; Funktionsräume, die zum Verweilen einladen, wie z.B. Waschsalons oder Dachterrassen; oder Nachbarschafts-Destinationen wie z.B. Grillstellen, Pflanzbeete oder Sportgeräte, die sich zu Treffpunkten entwickeln können.
Die städtebauliche Disposition spurt viel vor
Was sich im ersten Moment trivial anhört, muss im Planungsprozess früh vorgespurt werden. Die städtebauliche Disposition der Gebäude, die Freiraumfiguren und die Wahl der Gebäudetypologien bestimmen, ob Bewohnerinnen und Bewohner auf dem Weg zu ihrer Wohnung Gelegenheiten haben, Kontakte zu knüpfen, ob Funktionsräume zum Verweilen einladen und ob sich Destinationen dazu eignen, Bekanntschaften zu pflegen.
Wenn Planer, Eigentümer und Projektentwicklerinnen Nachbarschaftsstrukturen fördern wollen, müssen die Programme für Testplanungen und Studienaufträge klare Aufgaben stellen und Freiräume, städtebauliche Setzungen, Gebäudetypologien und Erdgeschosszonen daran messen, ob sie Raum für niederschwellige Begegnungen, nachbarschaftliche Kontakte oder gemeinschaftsorientierte Aktivitäten schaffen.
Ideen müssen in der Betriebsphase funktionieren
Um sicherzustellen, dass geplante Angebote langfristig und mit möglichst wenigen Nebengeräuschen funktionieren, lohnt es sich, schon während der Planungsphase mit erfahrenen Bewirtschaftern zu testen, wie gut die Anordnung und Zugänglichkeit von Räumen im Alltag funktioniert. Ob Laubengänge genügend Privatsphäre zulassen, wie gut der Zugang von Gemeinschaftsräumen von Externen gesteuert werden kann und ob die Nutzung von Aussenräumen zu Reklamationen führt, hängt massgeblich davon ab, wie begegnungsfördernde Flächen und Räume gestaltet, verortet und erschlossen werden.
Mehr aus der Bewirtschaftung herausholen
Wie gut begegnungsfördernde Siedlungen funktionieren, ist nicht nur eine Frage der Architektur: Es braucht auch eine Vermarktung, die Begegnungen ins Storytelling integriert und das Versprechen von Nachbarschaft beim Bezug einlöst, z.B. mit einem Siedlungsfest oder einem Sonntagsbrunch. Es braucht Vermietungskonzepte, die eine gute Mischung ermöglichen und dafür sorgen, dass genügend Wohnungen an Mieterinnen und Mieter gehen, die nachbarschaftliche Kontakte schätzen. Schliesslich braucht es Bewohnerinnen und Bewohner, die sich in IGs, Vereinen und nachbarschaftlichen Netzwerken engagieren und auf das Wohlwollen und die Unterstützung der Verwaltung zählen können.
Belebte Quartiere können auch ohne Zutun der Eigentümer entstehen. Begegnungsfördernde Angebote funktionieren besser, wenn Eigentümer, Entwickler, Vermarkter, Bewirtschafter und Bewohner zusammenspannen.