«Wir investieren laufend in unsere Zukunft»

September 2024

Oberstes Ziel des Schaffhauser Regierungsrats ist die Stärkung des Kantons als Lebens- und Wirtschaftsstandorts. Als Volkswirtschaftsdirektor setzt sich Dino Tamagni seit 2021 für attraktive Rahmenbedingungen für Unternehmen und die Bevölkerung ein. Im Interview erklärt er, mit welchen Massnahmen er ein qualitatives Wachstum für Stadt und Land erreichen will.

Herr Tamagni, seit Ihrem Amtsantritt im Januar 2021 haben Sie die Position von Schaffhausen als attraktiven Wohn- und Wirtschaftsstandort weiter gestärkt. Welche konkreten Massnahmen haben Sie dazu ergriffen? Was hat gut funktioniert und was weniger gut?
Das ist richtig – der Kanton Schaffhausen entwickelt sich sehr gut! Immer mehr Menschen entdecken die Vorzüge von Schaffhausen als lebenswerte Alternative im Grossraum Zürich und ziehen hierhin. Für Unternehmen gilt dies schon lange – gerade für KMU ist der Kanton mit einer Steuerbelastung von 12 bis 12.5% sehr attraktiv. Unsere Rahmenbedingungen sind hervorragend, die Wege kurz, und wir pflegen eine enge Zusammenarbeit mit den Unternehmen, um gemeinsam neue Impulse zu setzen. Der Kanton Schaffhausen ist eine Region, deren Umfeld und Dynamik engagierte Menschen und Unternehmen anzieht. Eine Region, in der man Wurzeln schlägt, weil sie – trotz aller Hektik – Nähe und Vertrautheit bietet.

Welche spezifischen Standortförderungsmassnahmen planen Sie in Ihrer nächsten Amtsperiode, um Schaffhausen noch attraktiver zu machen?
Oberstes Ziel des Regierungsrates bleibt die weitere Stärkung von Schaffhausen als Lebens- und Wirtschaftsstandort im nationalen und internationalen Standortwettbewerb. Es werden steuerliche Entlastungsmassnahmen zugunsten der Bevölkerung und von Unternehmen erarbeitet und wir planen Fördermassnahmen für innovationsstarke Unternehmen und KMU. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat weiterhin hohe Priorität. Sehr zentral für Investoren in Wohn- und Gewerbeimmobilien werden die Fertigstellung der direkten Zugverbindung nach Basel und der Doppelspurausbau der A4 nach Winterthur ab ca. 2027 sein.

Sie möchten Investitionen in strategische Vorhaben wie Digitalisierung und Demografie vorantreiben. Können Sie uns mehr über diese Projekte und ihre Bedeutung für Schaffhausen erzählen?
Wir haben in Schaffhausen bereits 2017 die erste Demografiestrategie erstellt – als einer der ersten Kantone. Unsere Strategie orientiert sich an vier Schwerpunkten: Massnahmen zur Erhaltung des Arbeitskräfte-Pools, Sicherstellung wohnortnaher Pflege- und Gesundheitsdienstleistungen mit Wohnformen, die Autonomie im Alter unterstützen. Weiter wird die Siedlungs- und Verkehrsentwicklung auf demografische Entwicklungen ausgerichtet sowie das Bildungswesen auf die zunehmende diverse Bevölkerung angepasst.

Bei der Digitalisierung wiederum fokussiert der Regierungsrat auf übergeordnete Ziele: Digital First für die Bevölkerung und die Wirtschaft und eine vollständig durchgehende Digitalisierung der Verwaltung. Jede Dienstleistung und jeder Prozess sollen optimiert und digital verfügbar sein – um Ressourcen und Zeit zu sparen.

Wie sehen Sie als Schaffhauser Volkswirtschaftsdirektor den aktuellen Immobilienmarkt im Kanton und welche Trends erwarten Sie für die nächsten Jahre?
Schaffhausen hat noch bezahlbaren Wohnraum sowie Bauland und dadurch Potenzial in der Wohnraumentwicklung. Zusätzlichen Schub erhält die Region durch den Ausbau der Direktverbindung mit der Bahn nach Basel und die Engpassbeseitigung auf der A4 in Richtung Winterthur. So wird Schaffhausen zur Drehscheibe zwischen Zürich, Winterthur und Basel, was die Attraktivität als Wirtschafts- und Wohnregion zusätzlich erhöht.

Wie findet der Kanton Schaffhausen die Balance zwischen der Entwicklung des urbanen Zentrums und der Erhaltung der Schaffhauser Naturlandschaften und historischen Architektur?
Der ländliche Raum ist ein wertvoller Bestandteil der hohen Lebensqualität des Kantons. Mit der Regional- und Standortentwicklung, dem regionalen Naturpark und der Tourismusförderung hat Schaffhausen spezifische Programme, welche auf dieses Gleichgewicht Rücksicht nehmen und die Stärkung der Landschaft fördern. Schaffhausen steht für die Nähe zur Natur und die Vielfalt an Genussprodukten. In der neuen Tourismusstrategie werden diese Aspekte von Schaffhausen besonders berücksichtigt.

Mit Ihrem Fokus auf effizienten und bürgerfreundlichen und bürgernahen öffentlichen Dienstleistungen, gibt es Pläne, die Prozesse im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften oder Baubewilligungen?
Mit der Digitalisierungsstrategie legt der Regierungsrat den Weg der kantonalen Verwaltung in die digitale Zukunft fest. Er nutzt mit der «Digitalen Verwaltung Schaffhausen» die Chance der digitalen Transformation, um benutzerfreundliche Dienstleistungen für die Bevölkerung und die Wirtschaft auszubauen. Interne Prozesse werden noch effizienter strukturiert und die Zusammenarbeit der Mitarbeitenden mit agilen Methoden und modernen Technologien neu strukturiert. Die Digitalisierung ist bereits seit mehreren Jahren ein wichtiges Thema im Kanton Schaffhausen und einzelne Angebote sind weit fortgeschritten. So zum Beispiel das Geoportal, wo Daten offen verfügbar sind. Davon profitieren Eigentümer, Käufer und auch die Verwaltung.

Welche Rolle spielen Ihrer Meinung nach nachhaltige und energieeffiziente Gebäude bei der zukünftigen Immobilienentwicklung in Schaffhausen und auch in anderen Wirtschaftssektoren?
Die kantonale Standortpolitik berücksichtigt die globalen Klimaziele und verfolgt seit jeher eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung. Schaffhauser Unternehmen sind lokal innovativ, global erfolgreich und leisten mit ihren Investitionen, Produkten und Dienstleistungen einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltige Wirtschaft. In Bezug auf energieeffizientes und nachhaltiges Bauen versucht der Kanton Schaffhausen eine Vorbildfunktion einzunehmen. Eine spannende regionale Initiative zu diesem Thema ist das «Schaffhauser Haus», bei der das Bauen mit regionalen Bezug im Vordergrund steht. Damit werden die regionale Wirtschaft mit dem Handwerk gestärkt, der Nachwuchs gefördert und Stoffkreisläufe nachhaltig geschlossen.

Welche Strategien gibt es angesichts des Wachstums der Stadt Schaffhausen, um angemessenen Wohnraum für alle Bevölkerungsschichten zu schaffen?
Der Kanton Schaffhausen verzeichnete über die letzten zehn Jahre ein moderates und nachhaltiges Bevölkerungswachstum von unter einem Prozent – das ist nicht vergleichbar mit anderen Regionen. Wenn wir einen Blick auf die Leerwohnungsziffern werfen, wird deutlich, dass der Leerstand zwar auch tief, bezahlbarer Wohnraum aber vorhanden ist. Warteschlangen wie in Zürich gibt es bei uns nicht. Mit weiteren steuerlichen Entlastungsmassnahmen und Investitionen in die Kinderbetreuung verbessert der Kanton die Situation für Familien und gutverdienende zusätzlich.

Als Leiter des Volkswirtschaftsdepartements: Wie sehen Sie Ihre Rolle bei der Umsetzung der wirtschaftspolitischen Ziele des Kantons?
Als Volkswirtsdirektor bin ich der oberste, direkte Ansprechpartner. Kurze Wege, schnelle Entscheide, hohe Dienstleistungsorientierung – das ist unser Credo. Stellvertretend für die kantonale Wirtschaftsförderung, die als «One-Stop-Shop» als Anlaufstelle für Fragen von Unternehmen oder Wohnortinteressierten funktioniert. Unternehmen stossen in Schaffhausen überall auf offene Türen.

Welche langfristigen Auswirkungen erwarten Sie von Ihren bisherigen politischen Massnahmen auf den Kanton Schaffhausen?
Die Auswirkungen zeigen sich im Rückblick der letzten 25 Jahre – die wirtschaftliche Entwicklung der Region ist eine Erfolgsgeschichte. Der Kanton befand sich in den 90er Jahren aufgrund des Strukturwandels in einer wirtschaftlichen Krise. Heute ist Schaffhausen ein international anerkannter Headquarter-Standort mit einer starken Industriebasis. Kein anderer Kanton hat sich gemäss UBS im Vergleich der Standortfaktoren so stark verbessert wie wir. Die Finanzsituation mit erfolgshohen Steuereinnahmen spricht für sich. Mittlerweile zählt Schaffhausen zum kleinen Kreis der Zahler im nationalen Finanzausgleich.

Schaffhausen ist ein Grenzkanton. Welche Vor- und Nachteile in der Immobilienwirtschaft bringt das für den Kanton?
Wegen der speziellen Lage zwischen Rhein und Deutschland blieb Schaffhausen zu Unrecht lange im Schatten anderer Kantone – für viele hört die Schweiz am Rhein auf. Diese Sicht ändert sich immer mehr! Schaffhausen ist heute auf dem Radar vieler Unternehmen und Investoren, die das Potenzial erkennen. Für Einwohnerinnen und Einwohner hat die moderate Entwicklung ihr Gutes: offene Landschaft und freie Natur sind im Kanton Schaffhausen erhalten geblieben.

Welche Visionen und konkreten Projekte haben Sie für die zukünftige Entwicklung des Lebens- und Wirtschaftsstandorts Schaffhausen?
Pioniergeist und Industrietradition prägen den Wirtschaftsstandort Schaffhausen. Oberstes Ziel des Regierungsrats ist die Stärkung von Schaffhausen als Lebens- und Wirtschaftsstandort. Weiterhin gilt es, die nationale und internationale Konkurrenzfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Schaffhausen zu sichern, zu festigen und zu verstärken. Dank der sehr guten Finanzlage im Kanton können Massnahmen und Projekte zugunsten der Standortattraktivität und der Bevölkerung erarbeitet und umgesetzt werden. Ebenso Priorität haben die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Verbesserung der Verkehrsverbindungen auf Strasse und Schiene innerhalb des Kantons und insbesondere in die Regionen Zürich und Basel, die Umsetzung der Ziele im Bereich Energie und Klima und der Bau wichtiger Infrastrukturprojekte.

Wo sehen Sie Schaffhausen in den nächsten 20 Jahren?
Im Jahr 2022 haben wir im Kanton im Rahmen der Entwicklungsstrategie 2030 «next.» in einem partizipativen Prozess Projekte und Massnahmen für einen erfolgreichen Weg in die Zukunft entwickelt. Die Vision von Schaffhausen als eine Schwarm- und Nestregion bildet nun unseren übergeordneten Kompass, aus dem der Regierungsrat Handlungsfelder identifiziert hat, die besonders zentral für die Nutzung des Entwicklungspotenzials der Region sind. Zur Verbesserung der Dynamik der Schwarmregion sollen zum Beispiel Ökosysteme von neuen Technologien aufgebaut und die Innovationsfähigkeit gestärkt werden. Um die Qualität der Nestregion zu erhalten will der Regierungsrat exzellente Standortfaktoren sicherstellen – von der Fachkräfteausbildung über Produktionsflächen bis zu Rahmenbedingungen für Unternehmen – und die soziale Energie nutzen. Zum Beispiel durch ein gutes Grundversorgungsangebot oder die Stärkung des Tourismus als Teil der Lebensqualität der Bevölkerung. So kann Schaffhausen den Pioniergeist fördern, offen und innovativ sein und ein Ort sein, an dem man Wurzeln schlägt und zu Hause sein will. Mit dieser Grundhaltung ist Schaffhausen ein Anziehungspunkt für Firmen und Personen, die sich in der Gesellschaft und im Wirtschaftsleben engagieren wollen.

Zur Person

Dino Tamagni, geboren 1968 und wohnhaft in Neuhausen am Rheinfall, ist seit 2021 Regierungsrat und leitet das Volkswirtschafts- und Justizdepartement des Kantons Schaffhausen. Er studierte an der Hochschule für Wirtschaft in Zürich Betriebsökonomie mit Schwerpunkt Finance und sammelte Führungserfahrung bei der Tamagni Getränke AG sowie der Brauerei Falken AG. Seit den 1990er Jahren politisch aktiv, war er unter anderem Einwohner- und Gemeinderat in Neuhausen sowie Kantonsrat. Tamagni setzt sich für eine starke Wirtschaft und nachhaltige Finanzpolitik in Schaffhausen ein.

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