Wie wichtig ist Wasserstoff für die Energiewende?
Die Rolle von Wasserstoff in der Energiewende ist entscheidend, um die Schweizer Ziele zur Klimaneutralität zu erreichen. Thomas Justus Schmidt, Experte im Bereich Energie und Umwelt, erläutert die zentrale Bedeutung dieses Gases für eine nachhaltige Zukunft.
Thomas Justus Schmidt bestätigt die unverzichtbare Rolle von Wasserstoff (H2) für die Erreichung der Klimaneutralität der Schweiz bis 2050. Laut wissenschaftlichen Berechnungen und Modellen ist Wasserstoff ein essenzielles Element der Energiewende mit vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten, darunter Energiespeicherung, Stromerzeugung, Heizung, Chemikalienproduktion und Treibstoffherstellung. Besonders grüner Wasserstoff, hergestellt durch Elektrolyse mit erneuerbaren Energien, spielt eine Schlüsselrolle in der Reduktion von Kohlendioxidemissionen.
Das Paul Scherrer Institut (PSI) leistet seit 35 Jahren Pionierarbeit in der Wasserstoff-Forschung, beginnend mit Brennstoffzellen bis hin zur Elektrolyse und der Entwicklung von Power-to-X-Technologien. Schmidt, seit 2011 in leitender Position am PSI tätig, betont die Bedeutung von Zukunftsszenarien und Modellierungen des Energiesystems, um realistische Pfade zur Erreichung des Netto-Null-Ziels aufzuzeigen.
Wasserstoff hat in der Wissenschaft und Öffentlichkeit diverse Wahrnehmungszyklen durchlaufen. Anfangs als Wunderlösung gepriesen, folgten Phasen der Skepsis, besonders in der Automobilindustrie, wo frühere Annahmen über die Einfachheit der Brennstoffzellentechnologie revidiert wurden. Heute ist das Verständnis und die Technologie deutlich fortgeschrittener, was die gesteigerte Aufmerksamkeit rechtfertigt.
Schmidt räumt mit gängigen Vorurteilen gegen Wasserstoff auf, darunter Sicherheitsbedenken und technische Herausforderungen wie die Diffusion aus Gasflaschen. Er betont, dass moderne Kohlefaserverbundstoffe und verbesserte Technologien diese Probleme gelöst haben. Ebenso ist die Anpassung bestehender Infrastrukturen wie Erdgasnetze und Gasturbinen für Wasserstoff möglich und wird bereits von großen Unternehmen wie Siemens und General Electric vorangetrieben.
Trotz höherer Kosten im Vergleich zu fossilen Brennstoffen, wenn man nur lokale und untersystemische Kosten betrachtet, argumentiert Schmidt, dass Wasserstoff wirtschaftlich vorteilhaft wird, wenn man Umwelt- und Klimaschäden miteinbezieht. Die Forschung konzentriert sich auch darauf, die Abhängigkeit von Edelmetallen in Elektrolyseuren und Brennstoffzellen zu reduzieren.
Abschließend betont Schmidt die Notwendigkeit gesellschaftlicher und politischer Entscheidungen zur Implementierung von Wasserstofftechnologien. Er ist zuversichtlich, dass die Schweiz aufgrund sinkender Produktionskosten und internationaler Wasserstoffstrategien, insbesondere Deutschlands, diesen Weg erfolgreich beschreiten wird. Unser Swiss-Times-Energy-Modell prognostiziert, dass 7 bis 10 Prozent des gesamten Energiebedarfs der Schweiz durch Wasserstoff gedeckt werden müssen, um das Ziel der Netto-Null-Emissionen bis 2050 zu erreichen.