Ein neues Kapitel in Stadtgestaltung und Lebensqualität

November 2023

Gemeinsam mit Florian Kühne, Stadtarchitekt, ist sie als Co-Leiterin des Planungsamtes die Architektin der Stadtentwicklung Thuns. In ihrem Streben, eine harmonische Balance zwischen Bewahrung und Innovation zu finden, setzt sie auf eine qualitätsvolle Innenentwicklung, welche den Charakter Thuns stärkt und zugleich Raum für neue Nutzungskonzepte öffnet. Mit aktuellen Großprojekten, die von öffentlichen Räumen bis hin zum genossenschaftlichen Wohnbau reichen, spiegelt Thun eine hohe Lebensqualität und Attraktivität wider.

Susanne Szentkuti. Sie sind Stadtplanerin und Co-Leiterin des Planungsamts der Stadt Thun.
Welches sind Ihre Kernaufgaben?

Die Stadtplanung schafft Grundlagen für eine qualitätsvolle Innenentwicklung der Stadt Thun. Dabei wollen wir die bestehenden Qualitäten des Wohn- und Arbeitsstandorts Thun weiter stärken und spezifische Identitäten erhalten. Gleichzeitig soll Raum für neue Nutzungen geschaffen werden, damit sich Thun auch künftig als attraktive Wohn- und Arbeitsstadt positionieren kann. Nebst der sorgfältigen Abstimmung der Siedlungsentwicklung auf die heutige und zukünftige Mobilität, gilt es insbesondere unsere wertvollen Landschaftsräume und -qualitäten zu erhalten und zu vernetzen.

Welches sind aktuell Ihre grössten Herausforderungen?
Wir sind gefordert, die vielfältigen und zahlreichen Ansprüche an den begrenzt zur Verfügung stehenden Raum so gut wie möglich aufeinander abzustimmen und dabei stets das öffentliche Interesse im Auge zu behalten. Dabei können nicht immer alle Individualinteressen maximal erfüllt werden. Die vielfältigen Bedürfnisse im Rahmen sorgfältig gestalteter Prozesse und unter geeignetem Einbezug der Stakeholder und Bevölkerung auszuloten und zu vermitteln, ist eine der grössten Herausforderungen heutzutage. Dies macht die Stadtplanung gleichzeitig aber auch unheimlich spannend. Ebenso wichtig ist ein starker Fokus auf qualitätsvolle, vielfältig nutzbare öffentliche Räume und Freiräume. Diese werden bei fortschreitender Innenentwicklung immer wichtiger und wir sollten vermehrt lernen, die Stadt aus den Freiräumen heraus zu denken und nicht in erster Linie aus den Hochbauten heraus.

Was machen Sie für die Standortentwicklung?
Mit der Ortsplanungsrevision (Revision der Bau- und Zonenordnung), welche demnächst durch den Kanton genehmigt werden sollte, schaffen wir die Grundlage für eine effizientere Nutzung des Bodens, sei es in Wohn-, Misch- oder Arbeitsgebieten. Insbesondere in den Mischgebieten soll vermehrt ein attraktiver Mix aus Wohnen, Arbeiten, Dienstleistung, Versorgung und Freizeit stattfinden können. Mit der Stärkung weiterer zentraler, gut erschlossener Lagen (neben der Thuner Innenstadt) wie bspw. Thun Süd, Thun Nord oder entlang der Gwattstrasse kann zusätzlicher und attraktiver Raum für bestehende und neue Unternehmen geschaffen werden. Nicht zu vergessen sind dabei auch die zwei kantonalen Entwicklungsschwerpunkte ESP Bahnhof und ESP Thun Nord. Beide Gebiete verfügen dank ihrer Lage, der heutigen und künftigen Funktion als multimodale Verkehrsdrehscheiben sowie der transformierbaren Flächen über ein enormes Potential für Arbeitsplätze und zeitgemässe Wohnangebote.

Welches sind aktuell die bedeutendsten Bauprojekte in Thun?
Die Liste ist – zum Glück – lang! Wir arbeiten gemeinsam mit diversen Grundeigentümern und externen Partnerinnen an sehr spannenden und für Thuns Entwicklung bedeutenden Projekten. Einige davon werden in der vorliegenden Ausgabe von immoinvest porträtiert. Bedeutend sind, um nur eine Auswahl zu nennen;

  • der ESP Bahnhof Thun
  • der ESP Thun Nord
  • das Siegenthalergut
  • die Hoffmatte
  • die Bostudenzelg
  • die Freistatt
  • das Projekt Bernstrasse
  • das Projekte Gewerbestrasse

Diese attraktiven und lebendigen neuen Stadtbausteine leisten einen wichtigen Beitrag zu den so dringend benötigten Wohnangeboten.

Haben Sie noch freie Entwicklungs-Areale für die Zukunft?
Mit dem Siegenthalergut und der Bostudenzelg können wir in absehbarer Zeit zwei der letzten noch nicht bebauten Flächen im Siedlungsgebiet entwickeln. Die weiteren Entwicklungen konzentrieren sich vermehrt auf die Transformation und Weiterentwicklung bereits bestehender Gebiete, welche im Rahmen von sogenannten Sondernutzungsplanungen entwickelt werden. Hier wären – nebst den bereits erwähnten – insbesondere das Gebiet Bahnhof West und die Gwattstrasse zu nennen. Auch das Gebiet Schönau West, das hauptsächlich von Genossenschaftssiedlungen geprägt ist, ist erwähnenswert.

Wo steht Thun in Sachen Mobilität?
Der Bahnhof Thun ist die Verkehrsdrehscheibe der Region. Dank der Weiterentwicklung und Neugestaltung des ESP Bahnhof sichern wir die Leistungsfähigkeit dieser Drehscheibe für die kommende Generation. Gleichzeitig wird 2032 im ESP Thun Nord eine neue S-Bahn-Haltestelle in Betrieb genommen, welche als neue Mobilitätsdrehscheibe nicht nur diesen neuen Stadtteil optimal erschliesst, sondern zusammen mit einer neuen tangentialen Buslinie die Gebiete Steffisburg – Thun Nord – Thun West und Thun Süd optimal verbindet und damit auch den Bahnhof entlastet. Die Stadt Thun verfügt schon heute über ein dichtes Busnetz, welches in den kommenden Jahren weiter optimiert wird. Darüber hinaus werden in den nächsten Jahren basierend auf dem Gesamtverkehrskonzept der Stadt, neue attraktive Verbindungen fürs Velo und zu Fussgehende geschaffen.

Was macht Thun als Wohnort attraktiv?
Die Lebensqualität ist sehr hoch, man findet alles Lebensnotwendige auf kleinem Raum. Innenstadt und Wohnquartiere sind auf kurzen Wegen erreichbar. Thun ist damit schon heute sehr nah an der sogenannten 15-Minuten-Stadt. Thun bietet ein sehr vielfältiges kulturelles- und Freizeit- sowie Versorgungsangebot. Die Stadt ist stark begrünt und umgeben von attraktiven Naherholungsräumen. Und von Thun aus ist man in kürzester Zeit in Bern, im Oberland, im Wallis oder sogar in Italien!
Mit der Ortsplanungsrevision und den diversen laufenden Arealentwicklungen schaffen wir zudem die Grundlage, damit in den nächsten Jahren ein vielfältiges, attraktives und zeitgemässes Wohnangebot entsteht. So dass alle, die in Thun bleiben oder neu nach Thun kommen möchten ein passendes Wohnangebot in unserer attraktiven Stadt finden werden.

Wie sieht es aus mit freiem Wohnraum in Thun?
Thun verfügt über eine der niedrigsten Leerwohnungsziffern der Schweiz (0.09). Das zeigt, dass Thun als Wohnstadt sehr attraktiv ist. Gleichzeitig sind wir gefordert, das Wohnangebot so rasch wie möglich auszubauen. Mit der Ortsplanungsrevision und Projekten wie der Hoffmatte, dem Siegenthalergut, der Bostudenzelg sind wir gemeinsam mit unseren externen Partnern auf gutem Weg. Die Wohnstrategie 2030 des Gemeinderats und das Stadtentwicklungskonzept STEK 2035 bilden dazu die strategische Grundlage. Ziel ist es, ein vielfältiges Wohnangebot zu schaffen, welches alle Generationen anspricht und verschiedenste Wohnformen umfasst.

Gibt es in Thun günstigen Wohnraum?
In Thun hat der genossenschaftliche Wohnungsbau eine lange Tradition. Genossenschaften und andere gemeinnützige Wohnbauträger leisten einen wichtigen Beitrag zu einem vielfältigen und erschwinglichen Wohnungsangebot, indem sie dem Prinzip der Kostenmiete verpflichtet sind. Aktuell liegt der Anteil an genossenschaftlichen Wohnungen bei 10.4 %. Dieser soll in den nächsten Jahren kontinuierlich gesteigert werden. Mit Projekten wie der Freistatt, der Bostudenzelg oder dem Siegenthalergut kann die Stadt diese Wohnformen direkt fördern, indem sie Land im Baurecht an gemeinnützige Wohnbauträger abgibt. Zudem unterstütz sie die Genossenschaften bei der Erneuerung und Weiterentwicklung ihrer bestehenden Siedlungen.

Wo sehen Sie Thun in 30 Jahren?
Thun wird nach wie vor als Thun erkennbar sein. Mit seinen unterschiedlichen Quartieridentitäten, der starken Durchgrünung und mit seiner lebendigen Innenstadt, die direkt an das zentral gelegene Bahnhofsquartier anschliesst – ein vielfältiger, attraktiver Ort, wo unterschiedlichste Nutzungen aufeinandertreffen. Im Norden der Stadt steigen die Leute aus der S-Bahn aus und finden sich in einem neuen Stadtquartier wieder, das Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Kultur und Naherholung vereint. Das alles nach wie vor umgeben von einer intakten und biodiversen Landschaft. Eine Stadt, in der es sich lohnt zu wohnen und zu arbeiten, zu leben.

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