Mit Baugruppen alternativen Wohnformen entwickeln: Learnings aus der Winkelhalden
Baugruppen sind für Investoren und Entwickler eine Chance, Arealentwicklungen mit alternativen Wohnformen zu positionieren und in der Bevölkerung akzeptanzfähiger zu machen. Als Gegenleistung können sie Baugruppen von finanziellen Hürden und Kompromissen in der Gemeinschaft entlasten.
Alternative Wohnkonzepte für die Altersgruppe 55plus sind gefragt: Die Genossenschaft «zusammenhalt» füllte in Winterthur problemlos 75 Wohnungen. Die Winkelhalden AG in Oberrieden zog mit ihrem Angebot fast ein Drittel der Bewohner aus der «hippen» Stadt Zürich an. Gemeinsam ist den Wohnkonzepten, dass sie auf einer engagierten Gemeinschaft aufbauen. Die Gemeinschaften kommen allerdings oft nur mit viel Initiative und Glück zu Grundstücken.
Entwickler und Investoren, die Grundstücke haben und mit impulsgebenden Angeboten ergänzen wollen, können solche Baugruppen als Partner gewinnen. Entscheidend ist dabei die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt der Anbindung der Baugruppen und die Form der Einbindung in den Entwicklungsprozess. Eine Evaluation des Projekts Winkelhalden AG gibt Antworten darauf.
Das Projekt Winkelhalden AG umfasst 44 Wohnungen und ein breites Angebot an Gemeinschaftsräumen wie Bistro, Sternenbar, Fitness, Sauna und Ateliers. Das Projekt wurde von zwei Privatpersonen initiiert, die das Grundstück akquirierten, das Geschäftsmodell der Aktiengesellschaft entwickelten, die Finanzierung sicherstellten, einen Studienauftrag durchführten, parallel dazu Mitstreiterinnen und Mitstreiter suchten und das Projekt realisierten. All das war nur möglich, weil die Initianten über ein hohes Mass an Unternehmertum und viel Erfahrungen mit gemeinschaftsorientierten Geschäftsmodellen hatten.
Eine der grossen Herausforderungen war das Generieren des Eigenkapitals für die Finanzierung des Projekts. Dies erforderte bereits früh im Prozess, die Gruppe zu vergrössern und investitionsbereite Personen zu finden, die sich auf den anfangs noch unsicheren Entwicklungsprozess und das noch wenig konkrete Wohnkonzept einliessen. Die Folgen werden in der Evaluation sichtbar. Eine Mieterinnenbefragung ein Jahr nach Einzug zeigt, dass der Zeitpunkt des Einstiegs in das Projekt den Bezug zur Gemeinschaft prägt: denjenigen, die in den beiden Jahren dazustiessen, als das Bauprojekt ausgearbeitet, die Baubewilligung eingereicht und die Wohnungen ausgewählt wurden, gelang die Integration in die Gemeinschaft am besten. Sie fühlen den geringsten Druck, am Gemeinschaftsleben teilzuhaben. Von denen, die früher dazugestossen sind, fühlt sich ein Drittel eher unter Druck zum Mitmachen. Unter ihnen ist auch der Anteil derjenigen am höchsten, denen die Integration in die Gemeinschaft eher schwergefallen ist.
In diesem Kontext können Entwickler und Investoren einen wertvollen Beitrag an Gemeinschaftskonzepte leisten: Sie können Baugruppen von der Finanzierung und damit der frühen Anbindung von weniger überzeugten Mitbewohnern entlasten, indem sie das Eigenkapital vorübergehende einbringen und die Projektentwicklung vorfinanzieren. Im Gegenzug können sie von einer kleinen und überzeugten Baugruppe profitieren, die das alternative Wohnkonzept idealerweise ab dem Zeitpunkt, wenn das Raumprogramm definiert wird, entwickeln und ab dem Zeitpunkt des Vorprojekts den Beteiligungsprozess initiieren und umsetzen, mit dem künftige Mitbewohnende angebunden und in die Gemeinschaft eingebunden werden. Bei der Baugruppe kann es sich um eine Mischung aus Personen handeln, die künftig im Projekt wohnen oder über einschlägige Erfahrungen mit der Entwicklung alternativer Wohnprojekte verfügen.
Alternative Wohnkonzepte sprechen nicht den Mainstream an, die Nachfrage ist allerdings noch lange nicht gedeckt: die vollvermietete Winkelhalden AG bewirtschaftet heute einen Interessentinnen Pool mit über 60 Bewerbungen. Kooperationen zwischen professionellen Entwicklern und Investoren mit erfahrenen und initiativen Baugruppen helfen, Stärken und Kompetenzen auf die am besten dazu geeigneten Akteure zu verteilen.