Schlieren becomes a start-up hotspot
After the Biotechpark, a Healthtechpark is now being built in the Limmattal. Government Councilor Carmen Walker Späh speaks of a booster for Zurich's economy.
Das Licht ist orange, Luft strömt rauschend durch Schläuche, manchmal faucht es, als ob ein Ventil Überdruck ablasse. Was in diesem Labor des Start-ups Spectroplast hergestellt wird, gibt es auf der ganzen Welt sonst nirgendwo: 3-D-Druck mit zu 100 Prozent echtem Silikon.
In einem Fach liegen künstliche Herzklappen, im anderen Stents für Luftröhren. Das Licht ist orange gedimmt, weil Silikon lichtempfindlich ist. Spectroplast ist eines von zwölf Unternehmen, die sich zu einem Hub für Medizinaltechnik zusammengeschlossen haben – zum Healthtechpark Zürich-Schlieren. Er ist gestern eröffnet worden.
Die Chancen stehen gut, dass er schnell abhebt. Wie der Initiator Albert Schweizer am Rande der Veranstaltung sagte, sind in den vergangenen Monaten bereits rund 150 Arbeitsplätze in diesem Bereich entstanden. Er geht davon aus, dass es schon bald dreibis viermal mehr sein werden.
Auch Regierungsrätin Carmen Walker Späh, die den neuen Hub aus der Taufe hob, ist optimistisch: «Das wird ein Booster für die Zürcher Volkswirtschaft.» Der Kanton Zürich ist bereits heute der grösste Healthtech- Standort in der Schweiz, doch ein eigentlicher Hub fehlte bisher. Walker Späh betont: «Innovationen entstehen immer seltener isoliert. Mit diesem Healthtechpark ermöglichen wir einen besseren Austausch.»
Healthtech entwickelt Produkte und Geräte für Spitäler oder Ärzte, braucht also einen direkten Draht zu diesen, um deren Bedürfnisse zu kennen. Dies ist in Schlieren institutionalisiert, denn das Universitätsspital und das Spital Limmattal sind mit an Bord.
Gabriela Senti, Direktorin Forschung und Lehre am USZ, ist vom Potenzial eines solchen Healthtechparks überzeugt. Sie erzählt von einer ungeheuren Dynamik im Bereich der Medizinaltechnik und im Diagnosebereich. «Die neuen Ideen vieler Jungunternehmen blasen uns fast weg.»
«Wenn es um Laborräume geht, fallen in der Schweiz drei Namen: Basel, Lausanne und Schlieren.»
Albert Schweizer, Initiator Healthpark
Sie meint das durch und durch positiv. Allerdings mangle es manchen Jungunternehmen ein bisschen «am Gespür für die Anwendung». Umgekehrt könnten viele etablierte Unternehmen vom «Start-up- Groove» profitieren, ist sie überzeugt. Genau dieser Austausch werde nun erleichtert.
Einige Stockwerke über Spectroplast ist vor kurzem das Startup Avelo eingezogen. Fünf Mitarbeitende, ein Projekt: ein Atemkollektor, um Erreger in der Atemluft nachzuweisen. Ein Prototyp ist schon gebaut. Damit könnte der allseits bekannte, unangenehme Nase-Rachen-Abstrich abgelöst werden.
Kein Geld, aber viele Ideen
Avelo-CEO ist Melanie Aregger. Sie ist zugleich Präsidentin des Healthtechparks, der als Verein organisiert ist. Aregger erzählt, wie sie zusammen mit ihrem Geschäftspartner Tobias Broger vor zwei Jahren beschlossen hat, alles auf eine Karte zu setzen. Sie kündigten ihre Stellen, plünderten ihr Bankkonto – und fanden kein bezahlbares Labor. Bis Aregger – eher zufällig – Albert Schweizer traf und ihm ihr Leid klagte. Schweizer wusste Rat, denn er trug schon länger die Idee mit sich herum, neben dem bestehenden Biotechpark einen weiteren Hub in einem verwandten Gebiet ins Leben zu rufen.
Die beiden Cluster, Bio- und Healthtech, stehen an einem Ort, der Industriegeschichte geschrieben hat: auf dem Areal der Wagons- und Aufzügefabrik. Die «Wagi» trug einst den Namen Schlieren an Zügen und Lifts in alle Städte Europas, wurde aber 1985 geschlossen. Das Areal jedoch entwickelte bald eine Sogwirkung für Unternehmen, die in der Stadt Zürich keine bezahlbare Bleibe mehr fanden. Und allen voran für die ETH.
Die ETH platzte in den 1990er- Jahren aus allen Nähten, doch verzögerte sich die dritte Etappe des Campus auf dem Hönggerberg aufgrund eines Rechtsstreits. So zogen verschiedene Institute nach Schlieren. Als diese dann nach und nach auf den Hönggerberg übersiedelten, überliess die Hochschule ihre Labors dem Kanton Zürich und der Stadt Schlieren, die beide aktiv anfingen, Spin-offs und Startups aus der Biotechbranche anzuwerben.
Wichtig sei gewesen, dass auch ganz kleine Einheiten – 30-Quadratmeter-Labors – angeboten worden seien, sagt Albert Schweizer, der schon damals zusammen mit dem kantonalen Wirtschaftsförderer Stephan Kux treibende Kraft war. «Denn wer ein Start-up aufzieht, hat in der Regel gute Ideen, aber kein Geld.»
So erging es auch den Gründern von Heiq, einem Spin-off der ETH. Auch sie suchten bezahlbare Laborräume und fanden sie in Schlieren. Heiq produziert Medizintextilien, also beispielsweise spezielle Masken für Spitäler, die natürlich in den letzten zwei Jahren reissenden Absatz fanden.
Dazu kommt ein Reinigungsmittel, das Desinfektionsmittel mehr als ersetzt, weil es nicht nur Keime tötet, sondern eben mittels «guter Bakterien» verhindert, dass sich neue bilden. Eben hat sich dieses bei einem Versuch an der Charité in Berlin als äusserst wirksam bewährt.
Erfolge ziehen Grossinvestoren an
Heiq zeigt, wie ein Start-up abheben kann, wenn es zur richtigen Zeit am richtigen Ort die richtigen Ideen hat und diese sich umsetzen lassen. Unterdessen ist das Unternehmen in vierzehn Ländern aktiv und arbeitet weltweit mit über dreissig Universitäten zusammen. Die zwei Räume, die es einst in Schlieren mietete, haben sich mittlerweile zu zwei Stockwerken ausgeweitet.
Die Anfänge von Heiq liegen schon einige Jahre zurück, die Nachfrage nach Laborräumen hat aber nicht mehr nachgelassen. Auch ist die Strahlkraft solcher Hubs auf etablierte Firmen beachtlich, wie der Erfolg des Biotechparks zeigt: 2018 und 2021 wurden in Schlieren zwei weitere Hochhäuser bezogen, in einem mietete sich Roche ein. Und 2016 zog die Kantonsapotheke in einen Neubau nach Schlieren. Albert Schweizer sagt: «Wenn es um Laborräume geht, fallen heute in der Schweiz drei Namen: Basel, Lausanne und Schlieren.»
Solche Erfolge ziehen Grossinvestoren an. So sicherte sich mit Swiss Prime Site die grösste kotierte Schweizer Immobiliengesellschaft 2015 die Liegenschaft der ehemaligen NZZDruckerei mit rund 20’000 Kubikmeter Nutzfläche. Zusätzlich realisiert sie bis Herbst 2024 einen Neubau mit rund 15’000 Quadratmeter Nutzfläche auf dem Gelände.
Schweizer hat keine Bange, dass diese leer stehen werden: «Wir haben im Moment eine Warteliste für 10’000 bis 15’000 Quadratmeter Laborräume.» Und die 2019 gegründete Firma Superlab Suisse hat sich dort bereits eine Fläche von 6000 Quadratmetern reserviert, auf der sie «Ready-to-go-Labs» einrichten und vermieten wird. Also kleine, variable Labors zu günstigen Preisen.