Ungenutzte Potenziale in der Zusammenarbeit von Standortförderung und Immobilien-Branche

April 2021

Obwohl Standortförderer und Immobilien-Akteure vieles gemeinsam haben, werden die Vorteile gemeinsamer Aktivitäten noch zu wenig genutzt. Wer Informationen austauscht, persönliche Netzwerke pflegt und Online-Plattformen nutzt, kann profitieren.

Auf den ersten Blick unterscheiden sich Standortförderung und Immobilien-Branche deutlich. Während Standortförderungen in der Regel von der öffentlichen Hand – Bund, Kantone, Städte, Gemeinden – getragen werden, sind Immobilien-Dienstleister in den weitaus meisten Fällen private Unternehmen. Das bedeutet, dass erstere Non-Profit-Organisationen und letztere gewinnorientierte Firmen sind. Standortförderer möchten Unternehmen für ihren Wirkungskreis gewinnen und diese möglichst lange behalten; sie sind demnach an einer langfristigen Beziehung interessiert. Immobilien-Akteure hingegen sind in der Regel abschlussorientiert, was zu vergleichsweise kurzen Kundenbeziehungen führt. Was im Mittelpunkt der Aktivitäten steht, wird nur schon aus der Namensgebung klar: Standorte auf der einen, Immobilien auf der anderen Seite.

Mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede
Auf den zweiten Blick gibt es aber doch gewichtige Gemeinsamkeiten. Da sind in erster Linie die Kunden, die oft dieselben sind, da ein Unternehmen auf der Suche nach einem neuen Standort immer auch auf der Suche nach einer neuen Immobilie ist. Im umgekehrten Fall gilt dasselbe zwar nicht immer, aber doch in den meisten Fällen. Denn wenn eine Firma eine neue Immobilie benötigt, zum Beispiel weil die bestehende zu klein geworden ist, macht man sich im Zuge des Evaluationsverfahrens meist auch Gedanken über die Vor- und Nachteile eines Standortwechsels. Die zweite Gemeinsamkeit stellt die Immobilie selbst dar: Kein Unternehmen kann ohne die vier klassischen Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital, Wissen und Boden auskommen. Sowohl Standortförderer als auch Immobilien-Akteure unterstützen ihre Kunden bei der Optimierung des Faktors Boden bzw. Immobilie. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag für ihre Kunden und unterstützen sie bei der Erfüllung ihrer Ziele.

Voneinander profitieren
Auf Grund der vorhandenen Gemeinsamkeiten besteht ein grosses Potenzial, um voneinander zu profitieren. So können sich zum Beispiel beide Seiten Vorteile im Marketing verschaffen: Die Immobilien-Branche kann als potenter Multiplikator der Botschaft eines Standortförderers dienen, denn Immobilien-Dienstleister stehen in direktem Kontakt mit Firmen, die neue Liegenschaften suchen. Dieser Kanal wird von Standortförderern noch zu wenig genutzt. Umgekehrt ist der Liegenschaftenprofi sehr daran interessiert, die Immobilien-Bedürfnisse von Standortsuchenden möglichst genau zu kennen, um ein wettbewerbsfähiges Angebot bereitstellen zu können. Diese Information kann ihm wiederum die Standortförderung liefern.

Transparenz schaffen
Um Synergien schaffen zu können, braucht es in erster Linie Transparenz: Anstatt unter sich zu bleiben, müssen sich Standortförderung und Immobilien-Branche vermengen, gemeinsame Plattformen etablieren und Informationen austauschen. Dazu stehen ihnen sowohl physische als auch digitale Plattformen zur Verfügung. Immobilien-Messen sind eine gute Gelegenheit, um sich Face-to-Face zu treffen, bestehende Kontakte zu pflegen und neue Kontakte zu knüpfen. Auf internationaler Ebene bieten sich dazu jedes Jahr die MIPIM in Cannes jeweils im März und die EXPO REAL in München jeweils im Oktober an. Auf beiden Messen gibt es seit über 20 Jahren einen Schweizer Gemeinschaftsstand, der Schweizer Unternehmen und Standorten einen Auftritt zu einem verträglichen Budget erlaubt. Innerhalb der Schweiz hat sich die IMMO’Messe in Zürich etabliert, die jeweils im Januar ausgerichtet wird. Dort präsentieren sich Immobilien-Investoren und treffen auf Marktteilnehmer jeglicher Ausrichtung. Obwohl sich die IMMO‘ längst als Branchentreffpunkt etabliert hat, sind dort Standorte und deren Vertreter noch selten anzutreffen. Neben den Messen gibt es ein breites Angebot an Kongressen, die rund um Referate und Expertendiskussionen Gelegenheiten für Kontaktpflege bieten. Daneben stehen Standortförderern und Immobilien-Akteuren eine grosse Anzahl an Netzwerkanlässen zur Wahl. Sie werden von Verbänden, Interessengemeinschaften, Standorten und privaten Unternehmen angeboten.

Online holt auf
In der heutigen, von der Pandemie beherrschten Zeit, haben Online-Plattformen an Bedeutung gewonnen. Einerseits können sich Branchenexperten durch Auftritte an Webinaren Gehör verschaffen und für eine breite Wahrnehmung sorgen. Als Beispiele können etwa die Diskussionsplattformen Real Estate Brains oder Metropole Insights genannt werden. Andererseits haben sich Online-Datenbanken etabliert, die von Standortförderern und Immobilien-Profis gleichermassen genutzt werden können. So können sich Unternehmen etwa auf swisscircle-member.ch
präsentieren. Für Personen bietet sich realestate-experts.ch und für grössere Immobilien-Projekte top-projekte.ch an. Nebst diesen Angeboten ist jeder Marktakteur aufgerufen, Social Media Tools wie etwa Linkedin oder Xing für sich zu nutzen.

Networking
Es gibt kaum Vorhaben, die man – sei es als Standortförderer oder als Immobilien-Profi – im Alleingang durchziehen kann. In der Regel ist jeder Akteur auf nützliche Informationen, wohlwollende Marktteilnehmer, leistungsfähige Lieferanten und/oder kooperative Partner angewiesen. Deshalb ist ein gutes Netzwerk unerlässlich. Das bedingt ein persönliches Engagement und eine kluge Wahl der Plattformen für die Pflege und den Ausbau seiner Kontakte. Anbieter derartiger Netzwerke sind etwa die SVSM, Swiss Circle, SVIT, RISC, ULI oder Fiabci.

Ideen zur Verbesserung der Zusammenarbeit
Es gibt bereits zahlreiche Möglichkeiten, die Zusammenarbeit von Standortförderung und Immobilien-Branche zu intensivieren. Es zeigen sich aber gleichzeitig auch Potenziale, die noch weitgehend ungenutzt sind. So könnten sich Standorte auf den grossen Immobilien-Portalen präsentieren und dort in Kontakt mit Unternehmen auf der Suche nach einer neuen Immobilie treten. Oder es könnten vermehrt Kongresse oder Events organisiert werden, die sich sowohl an Standortförderer und Immobilien-Dienstleister richten. Letztlich werden sich diejenigen Angebote durchsetzen, welche die Wahrnehmung der Teilnehmer im Markt stärken, den Austausch von Erfahrungen erlauben und die Pflege des persönlichen Netzwerks unterstützen.

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