Mit Sonnenstrom überwintern
Bei einer Siedlung in Hausen am Albis erstellt EKZ (Elektrizitätswerke des Kantons Zürich) einen der ersten Wasserstoffspeicher der Schweiz. So steht der Sommerstrom auch im Winter zur Verfügung.
Gebäude werden zusehends zu kleinen Kraftwerken, seit auf immer mehr Dächern Photovoltaik-Module Solarenergie einfangen. Doch die Sonne scheint nicht immer und der Strombedarf schwankt stark übers Jahr. Gefragt sind deshalb Speichertechnologien. Erdsonden liefern zwar im Winter Wärme, aber keinen Strom. Batterien wiederum sind zwar technisch sinnvoll, aber Kurzzeitspeicher und damit keine saisonalen Stromspeicher. Bei der Überbauung Seebrighof in Hausen am Albis gehen die Elektrizitätswerke des Kantons Zürich deshalb einen anderen, neuen Weg. Die 28 Wohnungen im angebauten Bauernhaus und Neubau beziehen Solarenergie vom Hausdach. Damit diese auch im Winter zur Verfügung steht, installiert EKZ einen Wasserstoffspeicher – einen der ersten dieser Art in der Schweiz.
Wenn an Sommertagen die Solaranlage mehr Strom liefert, als die Bewohner verbrauchen, gelangt dieser nicht zurück ins Netz. Stattdessen macht die Power-to-Gas-Anlage damit Wasserstoff. Im Winter, wenn der Energiebedarf höher ist, wandelt die Anlage den Wasserstoff wieder in Energie zurück. «In den Brennstoffzellen der Anlage entsteht daraus zu rund 55 Prozent Strom», erklärt Georg Putzi, Produktmanager Energiecontracting bei EKZ. Die restlichen 45 Prozent der gespeicherten Energie entweicht als Abwärme, die das Gebäude beheizt.
Der saisonale Stromspeicher bietet mehrere Vorteile. Die Anlage ist umweltfreundlich, weil sie nur mit Leitungswasser und lokal produziertem Solarstrom auskommt. Das öffentliche Stromnetz wird entlastet. Eine Batterie gleicht kurzzeitige Schwankungen aus, so kann die P2G-Anlage effizienter betrieben werden.
Die Anlage in Hausen am Albis basiert auf einem standardisierten Konzept, das EKZ entwickelt hat. Das macht die Technik günstiger, anpassbarer und skalierbar. So kann sie auch für grössere Wohnüberbauungen eingesetzt oder bei Altbauten nachgerüstet werden. «Wenn es bereits eine Solaranlage mit einem Zusammenschluss für den Eigenverbrauch (ZEV) gibt, kann die Wasserstofftechnik ergänzt werden», so Putzi. Auch mit Wärmepumpenanlagen lässt sich die Technik gut kombinieren, so wie in Hausen am Albis. Im Winter liefert die Umgebung die Wärme (z.B. Erdwärmesonden, Grundwasser, oder Luft), der Wasserstoffspeicher den Strom.
Auf die Haustechnik hat die P2G-Anlage keinen besonderen Einfluss, sie braucht nur Platz in der Nähe der Heizzentrale. Architektonisch relevant ist hingegen der Gasspeicher. Aus Sicherheitsgründen muss dieser ausserhalb vom Gebäude positioniert werden, damit der flüchtige Wasserstoff im Notfall entweichen kann. Der Gasspeicher besteht aus Gasflaschen, welche als Bündel gruppiert und mit einem Gehäuse verkleidet werden, das die Architekten anpassen können.
Die Bauherrschaft erhöht mit der Anlage den energetischen Selbstversorgungsgrad und spart im Winter Stromkosten ein. «Aktuell ist die P2G-Anlage noch nicht kostendeckend», sagt Georg Putzi. Wenn die Strompreise künftig steigen und die Kosten für die Anlage sinken, wird sie bedeutend wirtschaftlicher werden. «Solche Pioniertaten sind wichtig, um Erfahrungen zu sammeln und den Markt weiterzuentwickeln», so Putzi. Aktuell importiert die Schweiz im Winter viel Strom. Schaltet Deutschland die Kohlekraftwerke ab, wird die Winterknappheit noch grösser. In der Energiestrategie 2050 des Bundesrats nehmen Speichertechnologien auf Basis von Gasen und Flüssigkeiten deshalb einen hohen Stellenwert ein. Mit einer P2G-Anlage können die Gebäude dazu beitragen, die Herausforderungen in der Stromversorgung im Winter zu entschärfen.