«Der Aufwand bei Umbauten und Sanierungen wird oftmals unterschätzt»

Oktober 2019

Kathrin Zenhäusern, Architektin MSc ETH Arch, studierte an der ETH Zürich und arbeitet im Visper Architekturbüro BAUATELIER 12, das 2018 mit dem Schweizerischen Marketing und Architektur Award aus­gezeichnet wurde. Sie hat sich auch mit Umbauten und Renovationen eine Namen gemacht.

Frau Zenhäusern, welche Einflüsse haben Ihren beruflichen Weg geformt?
Ganz klar mein Studium an der ETH Zürich, wo ich durch namhafte Dozenten und Professoren wie Herzog & de Meuron, Gion A. Caminada oder Miroslav Šik geprägt und ausgebildet wurde. Insbesondere durch letzteren lernte ich, durch Bilder zu entwerfen.

Wie ist das zu verstehen?
Man stellt sich den Raum vor, wie er gebaut und ausgestaltet werden könnte, und entwirft ihn dementsprechend. Mittels eines Renderings beziehungsweise einer Fotomontage kann man überprüfen, wie sich die Idee in die umgebende Landschaft oder ins bestehende Stadtbild einfügen wird. Solche Bilder sind auch im Entwicklungsprozess gemeinsam mit der Bauherrschaft sehr hilfreich, da man in technische Pläne sehr viel hineininterpretieren kann. Man darf nicht erwarten, dass jeder Bauherr in der Lage ist, anhand von Grundrissen und Gebäudeschnitten eine realistische Vorstellung dessen zu bekommen, was entstehen wird. Bilder helfen, Missverständnissen vorzubeugen und erleichtern allen Beteiligten zu erkennen, was wir planen und wie es aussehen wird.

Neben Neubauten haben Sie sich auch mit Umbauten und Renovationen einen Namen gemacht. Bei der Sanierung einer Attikawohnung in einem Wohn- und Geschäftshaus in Visp haben Sie
ganz neue Perspektiven eröffnet. Wie sind die Ideen hierfür entstanden?

Das mehrstöckige Gebäude, das wir umgebaut haben, befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Altstadt in Visp. Das Konzept dieser Attikawohnung sieht vor, den Innenraum mit dem Aussenraum und der beeindruckenden Aussicht zu verschmelzen. Wir haben interessante Lösungen der Lichtführung realisiert mittels Oberlichtern und einem zentral in der Wohnung gelegenen Lichthof mit Gartencharakter. Sanierungen sind eine faszinierende Aufgabe, weil die Objekte oftmals an sehr interessanten Orten stehen. In unserem Beispiel hat man die ganze Geschichte der Gemeinde Visp vor Augen.

Gut geplant ist halb gebaut, heisst es allenthalben. Lässt sich das auch für Sanierungen so bestätigen, die je nach Alter des Objekts auch manche Überraschung ans Tageslicht bringen?
Planung ist das A und O, insbesondere achten wir auf einen detaillierten Kostenvoranschlag, da der Aufwand bei Umbauten und Sanierungen oftmals unterschätzt wird. Je älter ein Gebäude, desto wichtiger ist auch die Einplanung gewisser Reservepositionen für unvorhergesehene Zusatzkosten, da unter Umständen zu wenig aussagekräftige Informationen über die bestehende Substanz dokumentiert sind.

Welche grösseren Projekte beschäftigen Sie derzeit?
Ich plane ein neues Wohnhaus mitten in Brig, in einer gewachsenen Strasse mit den für ihre Entstehungszeit typischen Charakteristika. Hier müssen wir ein neues, individuelles Gebäude entwerfen, das aber zum bestehenden städtischen Gesicht passt. Städtebau hat mich schon immer fasziniert und ich gehe mit grossem Respekt an diese Aufgabe.

Was haben die von Ihnen realisierten Werke gemeinsam?
Einfachheit in der Materialisierung, Einfachheit in der Formgebung und klare Linien sind Charakteristika, auf die ich grossen Wert lege. Daran orientiere ich mich, um Räume entstehen zu lassen, die der Bewohner respektive Benutzer oder Besucher als angenehm und stimmig empfindet.

Wo finden Sie Ihre persönliche Quelle der Inspiration?
Auf Reisen, in anderen Kulturen, aber auch in meiner Heimat, wenn ich beispielsweise ein altes Walliser Haus betrete. Es ist wichtig, seinen Wurzeln treu zu bleiben und weiterzuentwickeln, was unsere Vorfahren aufgebaut haben. Und genauso wichtig ist es, dass dann später auch die nächste Generation unsere Werke weiter nutzen oder an ihnen bauen kann.

Woran messen Sie selbst Ihren Erfolg?
Mein Ziel ist es, Architektur zu gestalten, die eine besondere Stimmung in einem auslöst, wenn man ihr begegnet, in der man sich wohlfühlt, wenn man sie betritt, und die in ihren Kontext passt. Ein positives Feedback vonseiten der Bauherrschaft reicht dann schon.

Nach welchen Kriterien wählen Sie Ihre Partner bei der Realisierung eines Projektes aus?
Wir arbeiten mit regionalen, ortsansässigen Partnern. Abhängig vom Bauvolumen beauftragen wir dann grössere oder kleinere Unternehmer, um sicherzustellen, dass ihre personellen Kapazitäten dem Auftragsaufkommen entsprechen. Ausschlaggebend ist die Zufriedenheit der Bauherrschaft, deshalb wählen wir verlässliche, kompetente Partner, die auch längerfristig und vor Ort für die Bauherrschaft ansprechbar sind.

Wie viel Architektur braucht der Mensch? Ist Ästhetik am Bau mehr als nur Luxus?
Architektur ist erst dann gelungen, wenn sie eine Atmosphäre erschafft, einem Raum Kraft und Ausstrahlung verleiht. Ein Gebäude ohne architektonisches Konzept ist schnell erstellt, aber man sollte sich nicht nur über kurzfristige Kosten Gedanken machen und nicht jedem Trend nacheifern. Hier kommt wieder die Einfachheit in der Materialisierung ins Spiel oder der Einsatz regionaler, zeitloser und nachhaltiger Materialien, wie beispielsweise Holz. Mit entsprechender Architektur lässt sich auch direkt eine Botschaft kommunizieren, wie dies in der Marketingarchitektur umgesetzt wird.

Was machen Sie als Ausgleich zur Architektur?
Neben meinen Beruf als Architektin bin ich passionierte Fotografin. In der Briger Burgschaft habe ich seit Anfang Jahr mein eigenes «atelierkathrin», wo ich mich der Porträt- und Peoplefotografie widme. Wie in der Architektur, bin ich auch in der Fotografie stets auf der Suche nach dieser magischen Stimmung und Emotionen. 


www.bauatelier12.ch
www.bringhen.ch

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