Beton als nachhaltiger Umweltschützer
Zementbaustoffe wie Beton sind berüchtigt für ihre hohe CO2-Emissionen während der Herstellung. Doch was wäre, wenn dieser Prozess beschleunigt und besser kontrolliert werden könnte, um den Klimaschutz voranzutreiben? Forscher der Empa und zahlreiche Partner haben intensiv daran gearbeitet, eine Lösung zu finden, die bereits in den Betonwerken ansetzt. Die ersten Ergebnisse sind äusserst vielversprechend und könnten eine bahnbrechende Veränderung in der Baubranche bedeuten.
Auch die größten Umweltsünder können zur Verbesserung beitragen, und diese Hoffnung erstreckt sich auch auf den „Klimasünder Beton“. Weltweit entfallen 6 bis 8 Prozent der von Menschen verursachten CO2-Emissionen auf die Produktion von Zement, einem unverzichtbaren Bindemittel für den vielseitigen Baustoff. Gleichzeitig hat Zement die Fähigkeit, das bei seiner Herstellung freigesetzte CO2 wieder chemisch zu binden, zumindest teilweise. Dieser Prozess, bekannt als „Karbonatisierung“, verwandelt Calciumhydroxid im Beton nach der Herstellung durch Einwirkung von CO2 in Kalkstein. Es ist jedoch ein langwieriger Prozess, der von verschiedenen Faktoren abhängt.
Experten der Empa haben in Zusammenarbeit mit Partnern unter der Leitung der ETH Zürich im Projekt „DemoUpCARMA“ erforscht, ob und wie dieser Prozess in einem realen Betonwerk genutzt und beschleunigt werden kann. Sie haben eine spezielle Anlage in der Firma Kästli Bau AG im Kanton Bern installiert, die Recyclingmaterial aus abgebauten Betonkonstruktionen verwendet. Das CO2, das dieses Material „aufnimmt“, stammt aus der nahe gelegenen Kläranlage und wird in verflüssigtem Zustand geliefert. Es wird in einem speziellen Silo im Werk gespeichert und dann kontinuierlich dem Recycling-Granulat ausgesetzt, um die Aufnahme präzise zu messen.
Die Forscher haben die Prozesse untersucht, die bei der CO2-Aufnahme des Recycling-Granulats ablaufen, und auch untersucht, wie sich Recyclingwasser, das bei der Reinigung von Betonfahrzeugen und Mischanlagen anfällt, zur Bindung von Kohlendioxid nutzen lässt. Tests haben überraschende Ergebnisse erbracht: Das behandelte Material zeigte deutliche Veränderungen unter dem Mikroskop, darunter die Bildung von Calciumcarbonat an der Oberfläche und eine Verringerung des Calciumgehalts in C-S-H, dem Hauptprodukt der Zementhydratation. Dies führte zu einer Steigerung der Druckfestigkeit des Recyclingbetons.
Praxisversuche mit verschiedenen in der Schweiz häufig verwendeten Betontypen bestätigten diese Erkenntnisse. Das Recycling-Granulat mit karbonatisierten Beton-Granulaten erreichte höhere Festigkeiten als Vergleichsbetone mit unbehandeltem Recyclingmaterial. Die Ergebnisse zeigen, dass das Verfahren Beton auf zweifache Weise klimafreundlicher machen kann: durch die Aufnahme von CO2 und die Erhöhung der Festigkeit, was die Verwendung von Zement in Recyclingbetonen reduzieren könnte.
Die Untersuchungen zeigen auch, dass die Feuchtigkeit einen wichtigen Einfluss auf die CO2-Aufnahme hat. Trockenere Recycling-Mischungen nehmen CO2 schneller auf als zu feuchte Mischungen. Dies wirft die Frage auf, ob der Prozess der Aussenlagerung von Recycling-Granulaten technisch optimiert werden sollte.
Die positiven Ergebnisse zeigen, dass das Verfahren das Potenzial hat, die CO2-Emissionen im Betonsektor erheblich zu reduzieren. Es könnte bis zu 10 Prozent der Emissionen aus der Zementherstellung einsparen und den Zementgehalt in Recyclingbetonen um 5 bis 7 Prozent reduzieren, was zu einer Gesamtersparnis von gut 15 Prozent führen könnte.
Die Nutzung von CO2 in Recyclingwasser zeigt ebenfalls Potenzial, wobei etwa 120 Gramm CO2 pro Kilogramm getrocknetem Material gebunden werden können. Dies führte ebenfalls zu einer geringen Steigerung der Festigkeit von Betonen, denen sie beigemischt wurden.
Die Umsetzbarkeit dieser Ergebnisse in der Praxis, insbesondere in Betonwerken, ist noch offen und erfordert weitere Untersuchungen. Lebenszyklus-Analysen zeigen jedoch, dass karbonatisiertes Material den Treibhauseffekt netto um rund 13 Prozent reduzieren kann, verglichen mit herkömmlichem Beton mit Zement und ohne Recyclingmaterial. Bei Beton mit Recyclingmaterial liegt die Reduktion immerhin bei 9 Prozent, was ein vielversprechendes Potenzial darstellt.