Baustart für neue NEST-Unit
Am NEST Forschungs- und Innovationszentrum sind erneute Bauarbeiten im Gange. Die aktuelle Baueinheit trägt den Namen STEP2. In diesem Projekt haben multidisziplinäre Partner in drei Jahren innovative Lösungen mit beträchtlichem Marktpotenzial kreiert, die jetzt erstmalig in einem echten Bauprojekt umgesetzt werden.
Das Forschungs- und Innovationsgebäude NEST von Empa und Eawag hat das Ziel, Innovationen im Bauwesen voranzutreiben. Hierbei werden kontinuierlich neue Gebäudeeinheiten, die als Units bezeichnet werden, errichtet und in Betrieb genommen. In solchen Projekten können Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft neue Ansätze testen und ihre Ideen in einem realen Kontext weiterentwickeln. Das Besondere: Diese Units sind nicht nur echte Bauprojekte, sondern werden nach ihrer Fertigstellung tatsächlich genutzt, beispielsweise als Büro- oder Wohnräume. Aktuell hat der Bau der neuesten NEST-Einheit, STEP2, begonnen, die voraussichtlich im kommenden Frühjahr vollendet wird.
Zusammenarbeit auf Augenhöhe
„Von Beginn an war das primäre Ziel für STEP2 klar definiert: Wir würden nur das bauen, was nachhaltig ist und in der Baubranche eine echte Zukunftsperspektive hat“, betont Enrico Marchesi, Innovation Manager bei NEST und Projektleiter von Empa. „Deshalb haben wir jede Neuerung gründlich auf ihre Marktrelevanz geprüft“, fügt Andreas Hafner von BASF hinzu, einer der Mitbegründer des Projekts. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde ein strikter „Co-Creation“-Ansatz gewählt. „Wir glauben fest daran, dass echte und marktfähige Innovationen nur entstehen, wenn alle Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette gleichberechtigt zusammenarbeiten. Als integraler Teil der schweizerischen Forschungs- und Innovationslandschaft wollen wir gemeinsam mit unseren Partnern zukunftsorientierte Lösungen identifizieren, die wirtschaftlichen Wert haben. Mit unserem Wissen wollen wir dazu beitragen, dass diese Innovationen Wirklichkeit werden“, so Olivier Enger, Senior Innovation Manager bei BASF.
Als Hauptpartner der Unit bringt das Unternehmen entscheidendes Fachwissen, Netzwerk und nachhaltige Materialien ein, was wesentlich zum Projekterfolg beiträgt. Dieser gemeinschaftliche Ansatz hat sich bewährt: Während der dreijährigen Planung konnten die Partner aus verschiedenen Bereichen innovative Durchbrüche erzielen. „Es erfüllt mich mit Stolz, dass wir die zusammen entwickelten Lösungen nun in ein tatsächliches Gebäude integrieren können“, äussert sich der Chefarchitekt Silvan Oesterle vom Architekturbüro ROK.
Ressourcenschonendes Deckensystem
Im ersten Geschoss der doppelstöckigen Unit wurde eine innovative Rippen-Filigrandecke installiert, die in Zusammenarbeit zwischen dem Architekturbüro ROK, dem Ingenieurbüro WaltGalmarini AG und der Stahlton Bauteile AG entworfen wurde. Diese Deckenkonstruktion ermöglicht Spannweiten von acht bis 14 Metern, was sie besonders für Bürogebäude und Hochhäuser prädestiniert. Die Einzelelemente wurden in den Werksräumen von Stahlton unter Verwendung von 3D-gedruckten, vollständig mineralischen und kreislauffähigen Schalungen hergestellt. Anschliessend fanden sie ihren Weg zum NEST, wo sie in der Unit eingebaut wurden.
Dank der digitalen Planung und des 3D-Drucks konnte der Materialverbrauch und in der Folge die CO2-Emissionen im Vergleich zu traditionellen Beton-Flachdecken um bis zu 50 Prozent reduziert werden. Die Verwendung des zirkulären Betons von zirkulit AG erhöhte die Umweltfreundlichkeit weiter, da er weniger Zement enthält und gleichzeitig CO2 bindet. Ein weiteres Highlight: In die Decke wurde ein akustisches System integriert. Dieses besteht aus 3D-gedruckten Boxen, die mit dem Absorberschaum Cavipor® von BASF gefüllt sind und trotz der schallreflektierenden Oberfläche für eine angenehme Akustik im Raum sorgen.
Eine digital gefertigte Betontreppe
Ins zweite Stockwerk der STEP2-Unit wird man künftig über eine Betontreppe mit dem Namen «Cadenza» gelangen. Das Projektteam setzt sich zusammen aus Expertinnen und Experten von ROK, dem Lehrstuhl «Digital Building Technologies» der ETH Zürich, der BASF-Tochtergesellschaft BASF Forward AM, dem 3D-Druckunternehmen New Digital Craft, dem Betonfertigteile-Hersteller SW Umwelttechnik, der WaltGalmarini AG und dem Empa-Spin-off «re-fer».
Auch bei diesem Innovationsobjekt schöpfte das Team das volle Potenzial von computergestütztem Design und 3D-Druck aus. Durch den Einsatz von 3D-gedruckten Schalungen konnte man komplexere Formen kreieren als dies mit herkömmlichen Sonderschalungen möglich gewesen wäre. Gleichzeitig konnten diese mehrfach verwendet werden, wodurch der Materialaufwand sowohl bei der Treppe wie auch bei den Schalungen erheblich reduziert werden konnte. Die vorproduzierten Treppenstufen wurden an der Empa in Dübendorf zusammengesetzt, mittels der Vorspanntechnik von «re-fer» fixiert und als ein Bauteil in der Unit verbaut. Der Vorteil: Da die einzelnen Stufen aufeinander gefädelt wurden, können diese beim Rückbau relativ einfach demontiert und schliesslich wiederverwendet werden. Die Treppe demonstriert eindrücklich, wie sich mit dem entwickelten Ansatz massgeschneiderte, ressourcensparende Betonelemente realisieren lassen.
Die Gebäudefassade als Entwicklungsumgebung
Gebäudehüllen bieten grosses Potenzial zur Energieoptimierung und zur Steigerung des Nutzerkomforts. STEP2 befasst sich deshalb damit, die Entwicklung von Innovationen im Bereich der Gebäudehülle zu beschleunigen. Mithilfe der Expertise der Aepli Metallbau AG wurde die Fassade so konzipiert, dass mit minimalem Aufwand ganz unterschiedliche Einbauten getestet werden können. Dadurch bietet sich für NEST-Partner die Möglichkeit, neue Technologien und Materialien einfach zu implementieren und zu validieren. Gleichzeitig soll eine neue Lösung des Unternehmens für «Closed-Cavity»-Fassaden zur Anwendung kommen, durch die auf eine mechanische Konditionierung des Elementzwischenraums vollständig verzichtet werden kann.
Optimale Energieeffizienz und Behaglichkeit
Damit die Unit so energieeffizient wie möglich betrieben werden kann und sich Nutzerinnen und Nutzer gleichzeitig möglichst wohl fühlen, hat die WaltGalmarini AG ein umfassendes Energie- und Behaglichkeitskonzept entwickelt. Dadurch soll das optimale Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten erreicht werden. Dazu gehören etwa automatisierte Fassadenklappen, thermisch aktivierte Masse oder auch hochwärmedämmende Verglasungen. Für zusätzliche Behaglichkeit soll zudem das für STEP2 erarbeitete Lichtkonzept von Bartenbach sorgen.